Erste Berichte – Griechen & Römer
Die Ureinwohner der Kanaren werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Guanchen bezeichnet. Wörtlich bedeutet dies jedoch »Mann von Teneriffa«, weshalb sich die Bewohner Fuerteventuras im Unterschied hierzu selbst auch als Majos oder Majoreros bezeichnen.
Es wird angenommen, dass es sich bei den Majos um Nachfahren von aus Nordafrika eingewanderten Berberstämmen handelt. Diese besiedelten die Insel seit ungefähr 3000 vor Christus in mehreren Wellen. Die Entdeckung von libysch-berberischen Inschriften führte dazu, die Herkunft dieser Bewohner im nordafrikanischen Raum zu verorten. Sie lebten in primitiven Siedlungen, wobei ihnen Höhlen und niedrige Steinhütten als Behausung dienten. Hauptnahrungsmittel waren Ziegenfleisch sowie Fisch. In vulkanischen Gebieten betrieben sie darüber hinaus auf Terrassen Ackerbau. In politischer Hinsicht war Fuerteventura in zwei Königreiche untergliedert: das nördliche Maxorata und das südliche Gandía (das heutige Jandía). Verbunden waren beide Königreiche miteinander durch die Landenge Istmo de la Pared. Auf dieser soll es bis zur Ankunft der Spanier im 15. Jahrhundert einen Steinwall gegeben haben, der die beiden Königreiche voneinander trennte. Beim Durchwandern der Landenge von Jandía kann man bei Costa Calma auf Reste einer Mauer treffen. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass es sich dabei um den echten Wall handelt.
Im 11. Jahrhundert vor Christus kamen vermutlich auch phönizische Händler, Vertreter jenes Volkes, die das Alphabet erfunden haben, von Cádiz aus nach Fuerteventura. Womöglich waren es diese Seefahrer, die den Kanaren den Namen »Purpurinseln« oder »Purpuraria« gaben. Diesen Namen erhielten die Inseln wegen des reichen Vorkommens der begehrten Orchilla-Flechte, die in der Antike zum Färben von Stoffen Verwendung fand.
Eine erste schriftliche Erwähnung fanden die Kanaren um 850 vor Christus in der berühmten Odysee des Dichters Homer. In ihr erscheinen sie als »Die Inseln der Glückseligen«, auf denen der Sage nach die Seelen der Verstorbenen ihren ewigen Frieden fanden. Auch andere antike Autoren erwähnten die Kanarischen Inseln. Bei Herodot erscheinen sie im 5. Jahrhundert als Sitz des sagenumwobenen Gartens der Hesperiden. In ihm bewachten die Halbgöttinnen jene Äpfel, deren Genuss ewiges Leben versprach. Im 1. Jahrhundert nach Christus berichtete schließlich der römische Naturforscher Plinius der Ältere in einem seiner 37 Bücher über die Naturgeschichte (»Naturalis historia«) von einer Expedition, die Juba II., der König von Mauretanien, in Auftrag gab und bei der die Inseln ihre heutigen Namen erhielten.
Eroberung durch die Spanier
Der Untergang des Römischen Reiches und die Bedeutung der Transsahara-Route für den Handel mit dem Osten führte dazu, dass die Kanaren in der Folgezeit in Vergessenheit gerieten. Die Ureinwohner konnten so über Jahrhunderte hinweg ungestört in ihrer Hirten- und Bauernkultur weiterleben.
Erst im 14. Jahrhundert erfolgte eine »Neuentdeckung«. 1312 legte der Genueser Lancelotto Malocello auf Lanzarote an. Danach häuften sich die Expeditionen, deren Ziel neben Handel und Gold auch die Jagd von Sklaven war. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts erhielt schließlich der Franzose Jean de Béthencourt von König Heinrich III. von Kastilien und Léon den Auftrag, die Kanarischen Inseln zu erobern. Jedoch gelang ihm lediglich die Eroberung von Fuerteventura und El Hierro. Der Widerstand der Ureinwohner, soweit vorhanden, wurde dabei gebrochen, ihre altsteinzeitliche Kultur zerstört. Die überlebenden Ureinwohner konvertierten zum Christentum und wurden von den spanischen Eroberern assimiliert.
In der Folgezeit siedelten sich Spanier in dem nach Béthencourt benannten Tal Betancuria an. Die in diesem Tal gegründete Stadt gleichen Namens wurde zeitweise zur Hauptstadt der Insel. Franziskaner gründeten das Kloster San Buenaventura. Fuerteventura wurde zum Bistum, wobei der Bischof sein Amt allerdings nie vor Ort antrat. Die Bischofskirche steht noch heute in Betancuria. Die Entdeckung Amerikas 1492 machte die Kanaren, als die letzte Inselgruppe vor Amerika, zu einem wichtigen Stützpunkt für den nun neu einsetzenden transatlantischen Verkehr.
Verwaltung nach der Eroberung
Wie das europäische Festland war Fuerteventura in der Folgezeit feudal strukturiert, wobei die Verwaltung vor Ort von Grafen getragen wurde. Versuche englischer Korsaren, die Insel zu erobern sowie Überfälle anderer Piraten führten 1708 zur Installation einer Militärregierung, die von La Oliva aus die Insel verwaltete. Kopf der Militärregierung war ein coronel (zu deutsch: Oberst).
Missernten und Hungersnöte führten im 18. Jahrhundert zu einer Massenauswanderung nach Lateinamerika. Diese Umstände führten dazu, dass die Bevölkerung Fuerteventuras um 1770 binnen weniger Jahre von 11.000 auf 4.400 zurückging. Nachfahren der Auswanderer kehrten später nach Fuerteventura zurück und brachten neue kulturelle Einflüsse auf die Insel.
1812 wurde nach rund 300 Jahren das System der señorios (Grafschaften) abgeschafft, das bis dahin die Grundlage der lokalen Verwaltung gebildet hatte. In die Position der alten Herren traten nun bürgerliche Großgrundbesitzer, die caciques. Für die Kleinbauern und Tagelöhner änderte sich somit nichts.
1852 wurden die Kanarischen Inseln von Königin Isabella II. zur Freihandelszone ernannt. Folge war eine wirtschaftliche Blüte. 1859 wurde die Militärregierung aufgelöst, 1860 das spätere Puerto del Rosario (damals noch Puerteo de Cabras) zur Hauptstadt erklärt.
Im 20. Jahrhundert
1912 wird mit der Einrichtung der Cabildos Insulares, der Inselräte, der Grundstein für die spätere Selbstverwaltung der Insel gelegt. Im Juli 1936 putschte General Francisco Franco, zu diesem Zeitpunkt Befehlshaber der spanischen Truppen auf den Kanarischen Inseln, gegen die spanische Volksfront-Regierung aus Kommunisten, Anarchisten und Republikanern. Der anschließende, von beiden Seiten brutal geführte, Spanische Bürgerkrieg endet mit dem Sieg Francos.
Versuche Francos, die wirtschaftliche Lage Fuerteventuras zu verbessern (Talsperrenbau zur besseren Regulierung der Wasserversorgung, Anbau von Sisal-Agaven für Garn und Gewebe, Modernisierung des Trockenfeldbaus), scheitern.
In den 60er Jahren setzt eine teilweise Öffnung Spaniens nach Europa ein. Die in dieser Zeit erstmals nach Fuerteventura kommenden Touristen bringen den Einwohnern ein neues wirtschaftliches Standbein. So begannen sich die Lebensbedingungen zu verbessern und die Auswanderung zu verringern. Folge waren ein stetiges und schnelles Bevölkerungswachstum.
Nach dem Tod Francos 1975 und dem Übergang zur Demokratie erwachten Autonomiebestrebungen auf den Kanaren. Unter dem Schlagwort »Fuero Godos« (»Goten raus«) wandte man sich gegen die Regierung in Madrid und allgemein gegen die Festlandspanier, als deren Kolonie man sich fühlte. 1982 erhielten die Kanarischen Inseln schließlich einen Autonomie-Status. Der Eintritt Spaniens in die EG 1986 und das Auslaufen diverser ökonomischer Ausnahmebestimmungen (Absatzgarantie für Bananen) Mitte der 90er Jahre hatten ökonomische Einbußen zur Folge, die allerdings durch den Bauboom und den Tourismus abgefangen wurden.