Villa Winter
Fiktion oder Wahrheit? Die berühmt-berüchtigte Villa Winter bei Cofete auf der Südhalbinsel Jandía lässt auch heute noch – 39 Jahre nach dem Tod Gustav Winters – viel Raum für Gerüchte und Spekulationen. Das exakte Baujahr ist umstritten, wird aber in der Mehrheit auf die unmittelbare Nachkriegszeit (1945-1960) datiert. Ungewiss sind des Weiteren, die Umstände, die zum Bau geführt haben. Zeit seines Lebens behauptete Gustav Winter, er habe die Villa im Jahr 1958 errichtet. Dem widersprechen allerdings andere Informationen, welche von einem Bau im Jahre 1946 ausgehen.
Die Villa ist mit dem Auto zu erreichen. Die abenteuerliche Fahrt über Serpentinenpisten gestaltet sich jedoch sehr beschwerlich. Grundsätzlich sollte man diese Fahrt ausschließlich mit einem Geländewagen vornehmen. Hat man das nahegelegene Dorf Cofete erreicht, führt eine Piste zur etwas höher gelegenen Villa.
Schon aus der Ferne erkennt man die verfallenden Außenwände des Gebäudes und den bröckelnden Putz. Derzeit ist etwa die Hälfte des Hauses zugänglich.
Dafür wird man aber mit einem herrlichen Blick auf die Strände von Cofete und den Atlantik belohnt.
Die Villa
Das Gebäude – von den Einheimischen El Chalet genannt – wurde von dem Schwarzwälder Ingenieur Gustav Winter (1893 – 1971) erbaut. Es besitzt einen undefinierbaren Baustil, der eine Mischung aus Schwarzwaldhaus, spanischem Stil und vielen einzelnen Details darstellt. Zu Letzteren gehören beispielsweise der wasserspeiende Krokodilkopf aus Holz oder das in einigen Türen eingefügte Signum »W« – der Anfangsbuchstaben des Nachnamens Winters.
Das Hauptgebäude ist quadratisch angelegt und teilweise in den Hang hineingebaut. In der Mitte befindet sich ein Innenhof. Rundbögen zieren den Außenteil des Gebäudes. An einer Stelle kann man hier dieselbe Fassadenstruktur wie an der Außenwand der kleinen Bar in Cofete erkennen.
Am nordöstlichen Teil des Hauses steht, weithin sichtbar, der Turm, dessen Aufgabe und Bedeutung bis heute ungeklärt sind. Die beiden mittleren Stockwerke des Turms, die über kleine rechteckige Fenster verfügen, sind begehbar.
Im Innenbereich lassen sich noch diverse alte Gegenstände aus der Anfangszeit der Villa finden. So findet sich in der Garage ein Oldtimer, diverse landwirtschaftliche Geräte deutschen Ursprungs und ein verrostetes Schienenfahrzeug von der Firma Krupp. Reste einer Schienenanlage führen von der Villa zu einem nahegelegenen Hügel. Vermutet wird deshalb, dass hier früher bergbauliche Aktivitäten stattfanden.
Der Mythos
Das Anwesen ist jedoch kein gewöhnliches Haus. Es ist umringt von Mythen und Legenden, die allesamt mit den Geschehnissen vor und nach dem 2. Weltkrieg zu tun haben.
Sicher ist, dass Winter seit 1915 an einigen Projekten in Spanien als Ingenieur beteiligt gewesen war. 1937 kam er nach Fuerteventura und pachtete hier die Halbinsel Jandía. Spekulationen ranken sich um das Gerücht, dass während des Zweiten Weltkriegs Franco selbst den Deutschen Jandía zu militärischen Zwecken überließ.
Die Rede ist noch immer von geheimen U-Boot-Bunkern, die durch unterirdische Gänge mit der Villa verbunden sein sollen. Auch die Funktion der Villa als Versorgungsstützpunkt deutscher U-Boote ist nicht nachgewiesen.
Jedenfalls berichteten Zeugen, dass im Jahr 1950 auf dem Gelände Höhlen gesprengt wurden. Spekulationen, dass es sich bei dem Haus um den geplanten Exilsitz Hitlers oder um einen Umschlagplatz für nach Südamerika flüchtende Nazigrößen gehandelt haben soll, konnten nie belegt werden.
Laut Winters eigener Aussage, wollte er auf Jandía ein Zementwerk und eine Fischfabrik aufbauen, wobei ihm dann allerdings der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs dazwischen kam. In der Tat hat Winter seine Villa nie selbst bewohnt. Nach seinem Tod im Jahr 1971 verkaufte seine Familie das Gebäude an eine ortsansässige Baufirma.
Das Anwesen hat zweifelsohne eine Art mysteriöse Anziehungskraft. Nach wie vor werden etliche Hobbyforscher von der geheimnisvollen Villa in den Bann gezogen. Doch lässt sich die Wahrheit hinter den Legenden wahrscheinlich nie zweifelsfrei klären.
Die Villa soll in den nächsten Jahren unter der Leitung eines Verwandten Gustav Winters – Andreas Winter – zu einem modernen Gesundheitszentrum für Alternativmedizin umgebaut werden. Da sich das Anwesen im Besitz einer ortsansässigen Baufirma befindet, herrschen derzeit Unstimmigkeiten bezüglich des Baurechts. Daher darf man weiterhin auf die Zukunft der mysteriösen Villa gespannt sein.